Einführug zur Ausstellungseröffnung Hans Christoph am 18.01.2018 - von Hedwig Döbele

Liebe, sehr verehrte Kunstfreunde,
ich freue mich über Ihren Besuch unserer ersten Ausstellung im Neuen Jahr 2018 und begrüße Sie sehr herzlich. Ganz besonders freue ich mich, in unserer Mitte HELGA KNOBLOCH, die Lebensgefährtin von Hans Christoph und Mitstreiterin seines Lebens und seines Lebenswerkes begrüßen zu dürfen. Ihr ist diese Ausstellung zu verdanken - nur weil sie so sorgfältig seine Werke bewahrt und die ganzen Jahre gepflegt hat, ist es
möglich, so eine Ausstellung zu zeigen. Auch hat sie Christoph in der komplizierten DDR-Zeit bestärkt und ermuntert zu seiner abstrakten und informellen Malerei.

Es ist höchste Zeit, den Aspekt der informellen Kunst, die in der DDR-Zeit so neben Hans Christoph partiell auch entstanden ist, in Augenschein zu nehmen und zu würdigen. Bislang war vielen die Bewegung des Informel nur als westdeutsches Phänomen bekannt. Doch die Kunst, die jeglichen Bildaufbau ablehnte und den Malprozess in den Mittelpunkt rückte, gab es auch in der DDR - so partiell auch bei Hermann Glöckner, Wilhelm Müller, Herbert Kunze und Helmut Schmidt-Kirstein und vielleicht auch noch anderen mehr. Mit dieser Ausstellung versuchen wir, diese Lücke ein wenig bewußt zu machen und aufzuarbeiten.

Hier hat allerdings schon 2001 die Städtische Galerie Dresden mit der monographischen Ausstellung Hans Christoph mit begleitendem Katalog hinweisende Vorarbeit geleistet. Besondere Bedeutung kommt dem Ausstellungsprojekt „Gegenwelten - Informelle Malerei in der DDR“, initiiert von Prof. Dr. Sigrid Hofer in Kooperation mit dem Marburger Kunstverein und dem Kunstgeschichtlichen Institut der Philipps-Universität Marburg zu. (Susanne Altmann schrieb damals im Art-Kunstmagazin….. (Pop in der DDR).
Hans Christoph hat in seinem nahezu das 20. Jahrhundert umspannenden Leben viele Umbrüche miterlebt. So vielfältig wie diese Jahrzehnte ist auch sein Oeuvre. Die frühesten Werke unserer Ausstellung entstanden während der Weimarer Republik (1919-1933). In der Ausstellung „Glanz und Elend der Weimarer Republik“ in der Schirn in Frankfurt ist ein Werk von Christoph aus dieser Zeit als Leihgabe der Städtischen Galerie Dresden zu sehen. In unserer Ausstellung können wir zwei Werke aus dieser Zeit zeigen - sie hängen allerdings nicht hier in der Schössergasse wegen ihrer Größe. Sie können in der Galerie in der Pohlandstraße in Augenschein genommen werden. Ich habe bewußt in dieser kleinen Ausstellung hier in der Schössergasse den informellen Aspekt konzentriert herausgestellt, auch um zu zeigen, wie schön und interessant diese Arbeiten sind. Auf einer Wand vis-à-vis correspondieren dann spannungsreich die gegenständlichen Aquarelle und Zeichnungen.
Christophs frühe Arbeiten zeigen den Einfluß von Otto Dix. Wie dieser malte er in einer mehrschichtigen Lasurtechnik. Bald löste er sich wieder von dieser Malweise und arbeitete flächig, vereinfachte die Formen, die er mit schwarzen Konturen umgab. Das Thema waren wie zuvor Menschen, die wie bei Dix als Typenbilder stellvertretend für die Gesellschaft standen. Bilder dieser ersten Werkphase sind leider durch die Bombardierung auf Dresden im II. Weltkrieg fast gänzlich zerstört und nur noch mit wenigen Beispielen belegbar. Die Städtische Galerie Dresden besitzt die wichtigsten Bilder aus dieser Zeit. Ein schönes Bild, das auf seine Freundschaft mit Carl Lohse hinweist, hängt zur Zeit in der Lohse-Ausstellung in den Neuen Meistern Dresden.

Nach Kriegsende, direkt 1945, rief Edmund Kesting Künstlerkollegen zu einem Neubeginn auf und dies mit einer neuen Kunst zu demonstrieren. So bildete sich für eine kurze Zeit die Gruppe „DER RUF - Befreite Kunst“ mit Karl von Appen, Hans Christoph, Hermann Glöckner, Edmund Kesting, Erna Lincke, Gerda Müller-Kesting, Hansheinrich Palitzsch und Helmut Schmidt-Kirstein. Hans Christoph beteiligte sich auch engagiert an dieser Aktion, die auch von Will Grohmann mit Texten in der Union und mit einem Katalogtext unterstützt wurde. Doch leider - gerade befreit von den Einschränkungen des NS-Regimes folgte in Ostdeutschland eine erneute Verfemung. Der Gruppe DER RUF wurden Ausstellungen untersagt. Dieser Künstlergruppe widmen wir unsere nächste Ausstellung im März.
Ab 1949 blieb Christoph wenig Zeit für das eigene künstlerischer Tun, weil er den Lehrdienst an der Hochschule für Bildende Künste antrat. Zunächst im Fach der Werbung, später in der Malklasse. Seine Hoffnungen auf freie Lehrmöglichkeiten zerschlugen sich aber bald. Nach einigen Zugeständnissen sowohl in seinem eigenen künstlerischen Werk als auch in seiner Tätigkeit im Lehramt beteiligte er sich intensiv am sogenannten Formalismus-Streit. Dieser sah vor, die Freiheit der Kunst einzugrenzen und sie der Politik unterzuordnen. Die Idee der Kunst sollte der Marschrichtung des politischen Kampfes folgen. Dieser Unterordnung wollte sich Christoph nicht hingeben, auch keine Zugeständnisse machen und so gab er 1955 seine Lehrtätigkeit freiwillig auf. Beruflich bewegte er sich fortan zusammen mit seiner Schülerin Helga Knobloch im Bereich der Werbebranche. Besonders das Erscheinungsbild der Leipziger Messe prägten die beiden nachhaltig. Nur so hatte Christoph die Möglichkeit, in seiner Kunst neue Wege zu gehen, unbeachtet dessen, ob diese konform war. Er widmete sich nun einer Technik, die in Dresden bis dahin wenig bekannt war und gar als „Waffe des Klassenfeindes“ galt - das Drip Painting. Bereits in seinem Frühwerk, das sich an Carl Lohse orientierte und mit dem er befreundet war, war Christophs Kunst von einem pastosen Farbauftrag und expressiven Farben geprägt. Die Farben spiele auch in seiner letzte Werkphase eine wichtige Rolle. Um die Reinheit der Farbe zu bewahren, mischte er Latex bei. Auf den ersten Blick scheint es, als hätte er die Farbe getropft oder gespritzt - wie der Ihnen sicherlich allen bekannte Jackson Pollock. In seiner Autobiographie betonte jedoch Christoph, daß er Pollocks Werk nicht kannte und von ihm unbeeinflußt sei. Christoph setzte seine Farben mit Bedacht und überließ sie nicht dem Zufall. Er ließ der Farbe die Freiheit, sich ihren eigenen Weg auf dem Bildträger zu finden und ließ sie dafür fließen, spritzte sie nicht. Der Malprozess ist deutlich sichtbar. Dieser Gegensatz zwischen scheinbarem Zufall und der strengen Konstruktion des Bildaufbaus macht den Anreiz in Christophs Werk aus.

Und nun wünsche ich Ihnen eine eigene gute und anregende Betrachtung, nette Gespräche und einen schönen Abend bei uns. Für Fragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung, denn es gäbe noch vieles zu sagen über Hans Christoph, seine Zeit, die Bewertung seines Werkes und auch die neuerdings vermehrte Aufmerksamkeit der Kunstwelt.